AKTUELL
Sonntag, 26. Oktober 2025, 17-18 Uhr
Moderation: Anja Stein
Musik: Gabriel Jagieniak
Lügenmuseum, Radebeul


Dr. Markus Pieper von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten schlug in einem Schreiben an Oberbürgermeister Bert Wendsche vor, Vertreterinnen und Vertreter aus Kultur, Verwaltung, Politik und Bürgerschaft zu einem Runden Tisch einzuladen, um gemeinsam über den Erhalt des Lügenmuseums zu beraten. Der Runde Tisch versteht sich als Versuch, mit der Stadt, Verwaltung und Unterstützerinnen und Unterstützer in einem konstruktiven Dialog Wege zu finden, die den Erhalt dieses besonderen Kulturortes ermöglichen.
Anja Stein, Dorota und Reinhard Zabka und der Freundeskreis Lügenmuseum
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Wendsche,
vergangene Woche habe ich das Lügenmuseum in Ihrer schönen Stadt besucht, das mich sehr beeindruckt hat. Unsere Gedenkstättenstiftung betreibt und finanziert eine ganze Reihe von Gedenkstätten, die an die Opfer politischer Gewaltherrschaft erinnert, aber auch Themen wie DDR-Opposition und den Umbruch von 1989 in den Blick nimmt. Das Lügenmuseum bietet einen ganz eigenen Zugang zu diesen Themen, indem es sich ganz anders mit der DDR auseinandersetzt. Es ist ein Ort der Erinnerung an die Friedliche Revolution und im Besonderen ein erfahrbarer Ort der Atmosphäre der Umformung von Diktatur und Unrecht in lebensbereichernde Kreativität. Mit heutigen künstlerischen Mitteln versteht es, die Atmosphäre jener Zeit eindrücklich darzustellen. Diese Erfahrung fließt bis in die Gegenwart hinein. Verständlicherweise stößt dieser Kulturort manchmal auf Unverständnis, da er sich jeder eindeutigen Zuordnung zu Kunst, politischer Bildung, Gedenkstätte oder Soziokultur entzieht. Doch gerade dies macht ihn zu einem besonderen Ort, der als Gesamtkunstwerk erhalten werden sollte.
Wie ich vor Ort erfahren habe, steht die Zukunft des Lügenmuseums in Radebeul auf der Kippe. Dabei ist das Museum inzwischen untrennbar mit dem Gebäude und der Geschichte des Ortes verbunden. Gerade weil es für Kunstfreiheit steht und zugleich eine touristische Attraktion ist, die nachhaltige Eindrücke der Gegenkultur der DDR vermittelt, ist es für die Auseinandersetzung mit unserer jüngsten Geschichte so wichtig. Ich möchte Sie daher eindringlich bitten, noch einmal zu prüfen, ob die Stadt Radebeul nicht doch den Verbleib des Museums am derzeitigen Standort sicherstellen kann.
Vielleicht könnte es sinnvoll sein, sich einmal mit Vertretern Ihrer Kommune, Gedenkstättenexperten und anderen Fachleuten zusammenzusetzen, um an einer Art „Rundem Tisch“ die Bedeutung dieses Kunstprojektes gemeinsam auszuloten und zu überlegen, wie eine Lösung aussehen könnte? Wir als Stiftung stehen gerne bereit, an einer solchen Diskussion mitzuwirken. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie insbesondere die Räumungsklage noch einmal grundsätzlich überdenken würden.
Für Rückfragen oder ein Gespräch stehe ich jederzeit sehr gerne zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Pieper
1. Oktober 2025
